Handelsvertreter: Recht auf Buchauszug
Als Handelsvertreter lebt man von den Provisionen, die einem der Unternehmer für die Vermittlung der von ihm angebotenen Produkte zahlt. Aus diesem Grund regelt das Gesetz nicht nur, dass der Unternehmer diese Provisionen regelmäßig (maximal alle drei Monate) gegenüber dem Handelsvertreter abrechnen muss.
Mit Genehmigung der Kanzlei Wirth–Rechtsanwälte wird hier der von der Kanzlei erstellte Leitfaden für die Belange eines Handelsvertretervertrages vollständig im Rahmen einer Beitragsserie veröffentlicht. Dies ist der siebte Teil.
Das Gesetz gibt dem Handelsvertreter auch das Recht, von dem Unternehmer eine Auskunft über alle provisionspflichtigen Geschäfte zu verlangen. Rechtstechnisch spricht man von einem sogenannten Buchauszug, den der Handelsvertreter von dem Unternehmer verlangen kann.
Der Buchauszug soll den Handelsvertreter in die Lage versetzen, unter Vergleich mit seinen Unterlagen zu prüfen, ob die Provisionsabrechnungen des Unternehmers richtig und vollständig sind. Er dient also gerade der Kontrolle einer erteilten Abrechnung und damit gegebenenfalls auch der Aufdeckung weiterer im Abrechnungszeitraum abgeschlossener provisionspflichtiger Geschäfte, die in der Abrechnung nicht berücksichtigt sind.
Um diese Kontrolle zu ermöglichen, muss ein Buchauszug eine vollständige Zusammenstellung aller Angaben aus den Geschäftsbüchern und Geschäftsunterlagen des Unternehmers enthalten, die für die Berechnung, die Höhe und die Fälligkeit der Provision des Handelsvertreters von Belang sein können. Er muss daher eine bis ins Einzelne gehende Bestandsaufnahme der Kundenbeziehungen des Unternehmers, soweit sie die Provisionsansprüche des Handelsvertreters berühren, einerseits und der vertraglichen Beziehungen zwischen Unternehmer und Handelsvertreter andererseits darstellen.
Die Rechtsprechung spricht von „einem Spiegelbild der provisionsrelevanten Geschäftsbeziehung zwischen Unternehmer, Kunden und Handelsvertreter“ und verlangt eine zumindest geordnete Zusammenstellung.
Den Buchauszug kann der Handelsvertreter jederzeit verlangen, also sowohl während des Bestehens des Handelsvertreterverhältnisses als auch nach dessen Beendigung. Dafür ist keine besondere Form erforderlich. Es reicht aus, wenn der Handelsvertreter dem Unternehmer mitteilt, dass er „einen Buchauszug gemäß § 87c Abs. 2 HGB für alle von ihm initiierten Geschäfte haben möchte.“ Eine Mustervorlage finden Sie hier.
Das Verlangen muss nicht begründet werden. Es ist auch nicht erforderlich, dass Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Provisionsabrechnungen bestehen. Ebenso wenig kann der Unternehmer einwenden, dass die Provisionsabrechnung bisher nicht bemängelt wurde oder ihn die Erteilung eines Buchauszuges viel Geld kosten würde.
Nur in ganz wenigen Ausnahmefällen kann ein Handelsvertreter den Buchauszug nicht verlangen. Das ist beispielsweise der Fall, wenn er mit dem Unternehmer eine Einigung über die Provisionszahlung getroffen hat, den Buchauszug missbräuchlich verwendet oder sich aus den bereits vorhandenen Unterlagen alle notwendigen Informationen ergeben. Diese Voraussetzungen liegen aber in aller Regel nicht vor.
Außerdem kann ein Buchauszug regelmäßig nur für die letzten drei Jahre verlangt werden, da der Anspruch ansonsten verjährt. Das hat damit zu tun, dass ein Handelsvertreter zu jeder (vorbehaltlosen) Abrechnung des Unternehmers einen Buchauszug verlangen kann. Der Anspruch auf einen Buchauszug entsteht somit in dem Moment, in dem dem Handelsvertreter eine Provisionsabrechnung zugeht, und verjährt drei Jahre später. Allerdings beginnt die Verjährung immer zum Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Handelsvertreter davon Kenntnis erlangt hat.
Ein Beispiel:
Die Abrechnung der Provision erfolgt per Rechnung am 31. Mai 2019. Zu dieser Abrechnung kann der Handelsvertreter ab 31. Mai 2019 einen Buchauszug verlangen. Die dreijährige Verjährung beginnt somit am 1. Januar 2020 und endet mit Ablauf des Dezember 2022. Ab 1. Januar 2023 wäre der Anspruch auf
einen Buchauszug zu dieser Abrechnung somit verjährt.
Lesen Sie auch:
Im ersten Teil dieser Serie erfahren Sie allgemein Wissenswertes zur Beendigung eines Handelsvertretervertrages. Lesen Sie im zweiten Teil Wichtiges zur ordentliche Kündigung eines Handelsvertretervertrages und im dritten Informatives zur außerordentlichen Kündigung.
Welcher Kündigungsformen der Handelsvertretervertrag bedarf, wird im vierten Teil der Serie erläutert. Der fünfte Teil behandelt die Pflichten des Handelsvertreters während der Kündigungsfrist. Die Rechte und Pflichten nach Beendigung des Handelsvertretervertrages stellt der sechste Teil heraus.
Was Handelsvertreter bei Rückforderungen von Provisionsvorschüssen prüfen sollten, behandelt der achte Serienbeitrag.
Themen:
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Ist der Vertrag beendet, kann der Handelsvertreter frei tätig werden. Ihm ist es erlaubt, in direkten Wettbewerb zu dem ehemaligen Unternehmen zu treten und er darf unter anderem als Versicherungsmakler tätig werden. Insbesondere darf er Kunden des Unternehmens abwerben.
Kündigungsformen des Handelsvertretervertrages
Wie bei einem Arbeitsverhältnis wird die Kündigung erst mit Zugang wirksam. Sie ist grundsätzlich formlos möglich, es sei denn, im Handelsvertretervertrag wurde eine andere Form vereinbart. Steht ein Aufhebungsvertrag im Raum, bedarf es erhöhter Aufmerksamkeit.
Ordentliche Kündigung eines Handelsvertretervertrages
Bei der ordentlichen Kündigung kann der Handelsvertretervertrag innerhalb der Fristen beendet werden, die in dem Vertrag vereinbart sind oder die sich aus dem Gesetz ergeben. Bei einer ordentlichen Kündigung gehen in der Regel aber Ausgleichsansprüche verloren. Was es zu beachten gilt.
Beendigung eines Handelsvertretervertrages
Ein einem Leitfaden informiert die Kanzlei Wirth–Rechtsanwälte umfassend und detailliert über relevante Belange des Handelsvertreters und gibt wichtige Informationen sowie Tipps über erlaubte und verbotene Aktivitäten. Das erste Kapitel dieser Beitragsserie widmet sich der Beendigung des Handelsvertretervertrages im Allgemeinen.
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