Wie Unternehmen angemessen mit Kritik auf Social Media umgehen: Kommentieren, löschen oder doch blockieren?

Es liegt in der Natur eines jeden Unternehmers, den größtmöglichen Erfolg erreichen zu wollen – und dies gelingt nur durch maximale Reichweite. Um diese zu bekommen, muss er seinen Content möglichst breit gefächert streuen. Eine Funktion, die früher durch Billboards, Zeitungsanzeigen oder Briefwurfsendungen erreicht werden konnte, übernimmt nun seit längerer Zeit das Internet. Vor allem Social-Media-Plattformen liefern den gewünschten Effekt.

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Doch egal ob bei Instagram, TikTok, X oder Tripadvisor: Jeder, der sich im Social Web bewegt, stößt zwangsläufig auch auf Nörgler, denen es scheinbar niemand recht machen kann. Anonymität und parasoziale Strukturen tun im Netz ihr Übriges, sodass Hemmungen ebenso schnell fallen wie schlecht gemeinte Worte.

Doch sich deshalb nicht an den virtuellen Gesprächen zu beteiligen, stellt keine Alternative dar. Diskussionen im World Wide Web finden ohnehin statt – im schlechtesten Fall eben ohne das betroffene Unternehmen. Hinzu kommt, dass Kommentare und Bewertungen eine immer weiter wachsende Relevanz besitzen und Kaufentscheidungen erheblich beeinflussen. So vertrauen Verbraucherinnen und Verbraucher beispielsweise Online-Bewertungen mittlerweile sogar mehr als persönlichen Empfehlungen durch Familienmitglieder oder Freunde.

Per Definition

Um den korrekten Umgang mit einem kritischen Kommentar im Internet herauszuarbeiten, gilt es zunächst festzustellen, wann dieser eine Beleidigung und wann er konstruktive Kritik darstellt. Greift ein Account eine Person oder ein Unternehmen auf der persönlichen Ebene an und nutzt gar noch demütigende Wörter oder Phrasen, handelt es sich eindeutig um eine Beleidigung. Dies kann auch aus Frust geschehen, weshalb auch in solchen Fällen eine Kommunikation nicht sofort ausgeschlossen werden sollte.

Geht ein User hingegen auf den Inhalt ein, zeigt Schwächen oder Fehler auf, die sich im besten Falle auch noch belegen lassen, schlägt das Pendel eher in Richtung konstruktive Kritik aus. Diese sollten Verantwortliche annehmen. Das Problem besteht darin, dass diese Grenze manchmal verschwimmt. Auf der einen Seite muss jeder, der sich in eine exponierte Stellung im Netz begibt, damit rechnen, dass ihm oder ihr auch Kritik begegnet.

Dass nicht jedem User alle möglichen Inhalte gefallen, liegt natürlich in der Natur der Sache – Geschmäcker sind bekanntlich verschieden. Andererseits hat ein Kritiker nie das Recht, jemanden zu demütigen, anzugreifen oder zu beleidigen. Dieser Schutz gilt für Privatpersonen ebenso wie für Unternehmer, die sich online präsentieren. Doch gibt es natürlich auch andere Fälle.

Kritik nutzen

Manche Situationen, die mit einer gewissen Öffentlichkeit in einem sozialen Raum – sei er digital oder analog – einhergehen, lassen sich nicht vermeiden. Eine bloße Meinungsäußerung beispielsweise müssen auch B2B-Unternehmen im Internet selbstverständlich aushalten können. Sie lässt sich bestenfalls sogar nutzen. Prinzipiell sollten bei großen Unternehmen ein Wording-Konzept und eine Community-Richtlinie vorliegen, herausgebildet aus den drei Arten des Community-Managements: reaktiv, passiv oder proaktiv. Kritik in Form von konstruktiven Kommentaren kann auch Schmerzpunkte der Kunden offenbaren und für eine Verbesserung des eigenen Angebots sorgen. So beweisen Brands eine gesunde Kritikfähigkeit sowie Authentizität und können im Idealfall sogar noch ihren Content optimieren – am Ende hat jeder etwas davon.

Bei ehrverletzenden oder gar strafrechtlich relevanten Kommentaren überschreiten jedoch auch unzufriedene Nutzer eine klare Grenze, was weder eine Privatperson noch ein Unternehmen tolerieren muss – und auch nicht sollte. Um vor allem für die junge Zielgruppe authentisch zu wirken, erweist sich eine klare Position gegen Hatespeech als alternativlos. Wie schon oft beschworen handelt es sich beim Internet eben auch nicht um einen rechtsfreien Raum. An dieser Stelle hat das Unternehmen also jede Befugnis, einen Kommentar einfach zu löschen.

Gleiches mit Gleichem?

Sollte dies öfter vorkommen und einzelne User immer wieder auf Social Media pöbeln, lassen sich diese im nächsten Schritt auch blockieren. Doch bevor Brands eine Bewertung oder einen kritischen Kommentar löschen, sollten sie auch sicher sein, dass sie keinen anderen Weg sehen, die Situation zu entschärfen. Schließlich will niemand Gleiches mit Gleichem vergelten.

Bei „Auge um Auge“ handelt es sich um ein veraltetes Konzept, das in einer modernen Kommunikation keinen Erfolg mehr verspricht. Wie bereits angesprochen können negative Kommentare sogar helfen, die eigenen Produkte und Leistungen zu verbessern. Wichtig ist, dass Marken die Tatsache, dass sie bereit sind zu lernen, auch gegenüber unzufriedenen Kunden äußern.

Sie sollten auf Kommentare eingehen und sich für Veränderungen wie Verbesserungen bereit zeigen. Selbst wenn sie nicht direkt die Lösung haben, vermitteln Unternehmen so, dass sie die Äußerung gelesen und verstanden haben und sich nun bemühen. Doch Vorsicht: „Practice what you preach“ gilt hier als dringende Notwendigkeit, um nicht als das Unternehmen mit den großen Versprechungen zu gelten, die dieses niemals umsetzt. Das gilt es dann auch in einer Antwort zum Ausdruck zu bringen.

Auf Augenhöhe

Hier und da müssen Unternehmen eben über ihren eigenen Schatten springen: So mag es zwar zunächst schwierig erscheinen, negative Kommentare wertzuschätzen und als Anregung für die eigene Verbesserung zu verstehen, doch lohnt es sich enorm. Ein kritikfähiges und aktiv auf die Kundinnen und Kunden eingehendes Unternehmen wird immer positiver bewertet als Brands, die schlechte Bewertungen nur ignorieren oder einfach löschen lassen. Wenn Unternehmen gerne – und mit kurzer Reaktionszeit – kommentieren oder Feedback geben, gilt dies also grundlegend als eine positive Eigenschaft. Sie dürfen nicht vergessen, dass hinter jedem Inhalt auch ein Mensch oder ein Team steckt, das ihn verfasst oder erstellt hat.

Verantwortliche sollten bei der Formulierung der Antwort darauf achten – insbesondere, wenn sie selbst in der Akquise tätig sind oder für ein Unternehmen sprechen –, nicht überheblich zu wirken und Kritik am eigenen Produkt oder an der Dienstleistung nicht von oben herab zu kommentieren. Das wirkt auf Dauer und mit zunehmender Häufigkeit unsympathisch und wenig professionell. Brands sollten eine Kommunikation auf Augenhöhe mit ihren Kunden anstreben und sich immer wieder ins Gedächtnis rufen: Der Nutzen von Auftritten in Social Media besteht in der Kommunikation und nicht im Ersticken selbiger.

Über den Autor

Als CEO und Geschäftsführender Gesellschafter von My Best Concept, einer der erfolgreichsten Performance-Marketing-Agenturen Deutschlands, arbeitet Robert Klipp direkt im Herzen der Branche. Durch seinen technischen Background aus dem Maschinenbau-Studium, den Start bei Dirk Kreuter als Praktikant und seinen Weg an die Spitze einer Agentur erwarb Klipp ein Füllhorn an Wissen. Inzwischen konnte er zudem Erfahrungen aus unzähligen Online-Marketing-Projekten sammeln. In seinem 2022 erschienenen Buch „Milliardengrab Agenturdienstleistung“ gibt er wertvolle Insidertipps für Unternehmer und bleibt dadurch weiter einer der gefragtesten Experten in der Marketing-Branche.

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