Junge Kunden gewinnen: Das ist für Versicherer wichtig

Junge Menschen in Café vor Laptop

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„Wie ticken junge Kunden? Und wie lassen sie sich an das eigene Unternehmen binden? Diese Fragen sind für Versicherer von zunehmend strategischem Interesse“, sagt Dirk Schmidt-Gallas, Senior-Partner und Leiter der globalen Versicherungspractice bei Simon-Kucher.

„Fast alle Versicherten erwerben ihre erste Versicherung im Alter von 25 bis 35 Jahren – danach kommt im Schnitt nur noch eine Versicherung hinzu“, ergänzt Bastian Walter, Senior Director in der Versicherungspractice von Simon-Kucher. Möchten Versicherer Vertriebschancen in Vertriebserfolg ummünzen, müssen sie sich mit dem Kaufverhalten junger Kunden der Gen Z und der Millennials auseinandersetzen. Im Rahmen einer quantitativen Marktstudie hat Simon-Kucher das Kaufverhalten junger Kunden beim Erstabschluss sowie bei Folgeabschlüssen untersucht und Erfolgsfaktoren für die Gewinnung junger Kunden identifiziert.

Erster Kaufimpuls durch Familie und Freunde

Dirk Schmidt-Gallas
Dirk Schmidt-Gallas, Senior Partner, Leiter globale Versicherungs-Practice, Simon-Kucher & Partners © Simon-Kucher & Partners, Strategy & Marketing Consultants

„Was viele Versicherer umtreibt, ist die Frage, woher der erste Kaufimpuls für die allererste Versicherung kommt“, so Schmidt-Gallas. Die Marktstudie belegt: Familie und Freunde spielen eine zentrale Rolle. Für 77 Prozent der Befragten kommt der Impuls, sich mit dem Thema Versicherungen zu beschäftigen und eine Versicherung abzuschließen, aus dem persönlichen Umfeld.

„Empfehlungsmarketing spielt somit eine Schlüsselrolle bei der Gewinnung jüngerer Kunden. Die Marketing-Budgets sollten entsprechend überdacht und gewichtet werden.“

Je enger dabei die Kopplung an einen Vermittler sei, desto besser. „Wer seine erste Information beim Vermittler eingeholt hat, der schließt zu ca. 90 Prozent auch dort ab.“

Erstinformation aus dem Netz 

Insgesamt findet ein Großteil der Erstinformation aber im Netz statt: 44 Prozent der Befragten ziehen Online-Kanäle zu Rate, gefolgt vom persönlichen Umfeld (40 Prozent). „Gleichzeitig zeigt die Studie, dass Webseiten, die sich mehr auf Information als auf Verkauf fokussieren, eine ebenso starke Rolle bei der Informationssuche spielen wie Vergleichsplattformen“, erläutert Walter. Search Engine Optimization (SEO) sei daher wichtig. „Es fällt allerdings auf, dass viele Versicherer Kunden mit Informationen auf ihren Webseiten nahezu überschwemmen – hier besteht Handlungsbedarf“, so Walter. 

Dr. Bastian Walter, Director globale Versicherungs-Practice, Simon-Kucher & Partners, Strategy & Marketing Consultants © Simon-Kucher & Partners, Strategy & Marketing Consultants

„Aus den qualitativen Interviews im Anschluss an die quantitative Befragung wissen wir zudem, dass junge Kunden den Erstkauf oft dort abschließen, wo auch die Familie ihre Versicherungen gekauft hat – in der Regel sind das die Versicherungsvermittler“, berichtet Schmidt-Gallas. Entsprechend dominieren die Vermittler mit 48 Prozent bei den Kaufabschlüssen, gefolgt von Vergleichsportalen (36 Prozent) und den Webseiten der Versicherer (15 Prozent). Makler-Apps spielen hingegen keine Rolle. 

Entscheidend: Omnichannel-Strategie entlang der Customer Journey

Was aber geschieht zwischen Erstkauf und späteren Versicherungsabschlüssen? „Die Befragung zeigt, dass jüngere Kunden die Vertriebs-Kanäle im Laufe der Customer Journey oft und vielfältig wechseln“, erläutert Schmidt-Gallas. Auch wenn bei späteren Versicherungskäufen die Vermittler leicht dominieren, zeige die Befragung insgesamt eine starke Bewegung der jungen Kunden zwischen den Vertriebswegen. „In Summe bleibt der Vertriebswege-Mix recht stabil. Das unterstreicht die Bedeutung einer funktionierenden Omnikanalstrategie mit reibungslosen Kanalübergängen.“ 

Schnelligkeit und Einfachheit sind Werttreiber für Folgeabschlüsse

Gleichzeitig treffen die Gen Z und Millennials ihre späteren Kaufentscheidungen anders als ältere Zielgruppen. „Schnelligkeit sowie Einfachheit in Produkt und Prozess lautet die Maxime. Für 60 Prozent der Befragten sind diese Faktoren am wichtigsten, der Preis steht hingegen weniger im Vordergrund“, so Schmidt-Gallas. „In unseren Projekten fallen die aktuellen Verkaufsprozesse jedoch reihenweise bei diesen Kernkriterien durch.“ KI könne hier ein Gamechanger werden und die Conversion Rates sowohl im persönlichen Gespräch als auch im Online-Verkauf massiv steigern.

Auch in puncto Zielgruppenansprache haben Gen Z und Millennials andere Prioritäten. „Marketing für jüngere Kunden bedeutet vor allen Dingen Social Media und Performance Marketing – sie sind ein wichtiger Schlüssel zum Erfolg“, sagt Walter. 57 Prozent der jüngeren Kunden wünschen sich eine Ansprache auf Social Media, davon ist für rund 34 Prozent der Befragten aktuell TikTok die wichtigste Plattform. „Social Media ist allerdings hochdynamisch, die Wahl der Apps wandelt sich schnell. Hier gilt es für die Versicherer, am Ball zu bleiben“, betont Walter. Beim Performance Marketing ist es wichtig, zu optimieren. „Marketing-Mix-Modelle müssen für Budget-Effizienz sorgen.“

Das Zeitfenster für die Kundenbindung ist eng

„Unsere Cross-Selling-Studien belegen: Junge Kunden tätigen alle Erstkäufe in einem relativ kurzen Zeitraum von zehn Jahren. Wenn es einem Versicherer nicht gelingt, in diesem kurzen Zeitfenster zum Zug zu kommen, muss er sich später dem deutlich härteren Wettbewerb stellen“, betont Schmitt-Gallas. Ein funktionierendes Cross-Selling in Kombination mit einer reibungslosen Omnichannel-Strategie sowie der richtige Marketing-Ansatz seien dabei entscheidend. 

Sieben wichtigste Erfolgsfaktoren beim Kampf um junge Kunden

  1. Empfehlungsmarketing: Das word-of-mouth-Marketing spielt eine Schlüsselrolle bei der Gewinnung jüngerer Kunden, da das persönliche Umfeld für den Zugang zu ihnen entscheidend ist. 
  2. Je enger dabei die Kopplung an einen Vermittler ist, desto besser. Denn 90 Prozent der Kunden, die ihre Erstinformation über einen Vermittler erhalten, schließen dort auch ab. 
  3. Der Großteil der Erstinformation außerhalb des persönlichen Umfelds findet im Netz statt. Für die Kunden in der Phase der Informationssuche steht Information vor Verkauf. Wichtig sind also SEO – Search Engine Optimisation – und die zielgruppengerechte Aufbereitung in allen Medien, die der Versicherer steuern kann. 
  4. Laut Studie von Simon-Kucher sind Einfachheit in Produkt und Prozess, verbunden mit Schnelligkeit, die wesentlichen Treiber der Kaufentscheidung. Ein Gamechanger kann hier KI werden, die die Conversion Rates sowohl im persönlichen Gespräch als auch im Online-Verkauf massiv steigern kann. 
  5. Marketing für jüngere Kunden nach dem Erstabschluss bedeutet vor allen Dingen Social Media- und Performance Marketing. Da es sich bei Performance Marketing aber um ein relativ teures Instrument handelt, ist es wichtig, es zu optimieren. Hier müssen Marketing-Mix-Modelle für Budget-Effizienz sorgen. 
  6. Die Studie zeigt zudem: Jüngere Kunden wechseln die Kanäle im Laufe ihrer Kundenreise oft und vielfältig. Daher ist eine funktionierende Omnikanalstrategie mit nahtlosen Kanalübergängen wichtiger denn je. 
  7. Cross-Selling-Studien von Simon-Kucher belegen: Alle Erstkäufe werden in einem relativ kurzen Zeitraum von zehn Jahren getätigt. Wenn es einem Versicherer nicht gelingt, in diesem Zeitfenster zum Zug zu kommen, muss er sich später dem deutlich härteren Wettbewerb stellen.