Hohe Schäden durch Schwergewitter und Überschwemmungen im ersten Halbjahr

Die Analyse langfristiger Trends von meteorologischen Daten in Verbindung mit versicherungstechnischen und sozioökonomischen Daten gibt Hinweise, dass Risiken aus Unwettern sich verändern. Häufigere und intensivere wetterbedingte Katastrophen führen dazu, dass Versicherungsunternehmen zunehmend mit hohen Schadensauszahlungen konfrontiert sind.

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Thomas Blunck, Mitglied des Vorstands, Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft: "Wieder dominieren Wetterkatastrophen vor allem in Nordamerika die Schadenstatistik der ersten Jahreshälfte. Hinzu kommen Überschwemmungen in Regionen, wo sie sehr selten sind, wie in Dubai. Es gilt als sehr wahrscheinlich, dass der Klimawandel eine Rolle bei dieser Entwicklung spielt. Er bringt veränderte Risiken mit sich, an die sich alle – die Gesellschaft, die Wirtschaft und der Versicherungssektor - anpassen müssen, um die zunehmenden Schäden durch wetterbedingte Ereignisse zu dämpfen."

Naturkatastrophen in Zahlen

Die weltweiten Gesamtschäden fielen im ersten Halbjahr 2024 mit 120 Mrd. US-Dollar geringer aus als im Vorjahr (140 Mrd. US-Dollar). 2023 war allerdings durch sehr hohe Schäden wegen des schweren Erdbebens in der Türkei und Syrien geprägt. Im längerfristigen Vergleich aber übertrafen die Gesamtschäden im ersten Halbjahr 2024 die Halbjahresdurchschnittswerte der vergangenen zehn bzw. 30 Jahre deutlich.

Die versicherten Schäden lagen etwas über dem Vorjahresniveau von 60 Mrd. US-Dollar und deutlich über den Durchschnittswerten der vergangenen zehn bzw. 30 Jahre (inflationsbereinigt 37 bzw. 24 Mrd. US-Dollar). Auffällig ist, dass der Schadenanteil der wetterbedingten “Non-Peak Perils” – dazu zählen schwere Unwetter, Hochwasser und Waldbrände – erneut hoch ist: 68 Prozent der Gesamtschäden und 76 Prozent der versicherten Schäden entfielen auf diese Naturkatastrophen.

Die teuersten Naturkatastrophen des ersten Halbjahres 2024

Die teuerste Naturkatastrophe des ersten Halbjahres war ein Erdbeben in Japan am Neujahrstag. Es erschütterte mit einer Magnitude von 7,5 die japanische Westküste nahe der Noto-Halbinsel. Zahlreiche Gebäude stürzten ein, tausende Menschen blieben wochenlang ohne Strom und Wasser. Mehr als 200 Menschen kamen ums Leben. Geschätzt betrug der Gesamtschaden rund 10 Mrd. US-Dollar, der versicherte Schaden rund 2 Mrd. US-Dollar.

Das Land gilt als gut vorbereitet auf Naturkatastrophen: Vorbeugende Maßnahmen wie erdbebenresistente Bauweisen, fortschrittliche Frühwarnsysteme und eine robuste Katastrophenschutzstrategie retten im Katastrophenfall viele Menschenleben.

Aktive Unwetter-Saison in USA

Serien von schweren Gewittern trieben die Schadenszahlen in der ersten Jahreshälfte in den USA. Rund 1.250 Tornados wurden im Zeitraum von Januar bis Juni durch den amerikanischen Wetterdienst National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) gemeldet, deutlich mehr als im langjährigen Durchschnitt (820).

Bisher ist das erste Halbjahr 2024 in USA das viertteuerste Jahr für Schwergewitterschäden mit Gesamtschäden von 45 Mrd. US-Dollar, davon waren mehr als 34 Mrd. US-Dollar versichert. Ein Jahr zuvor lag die Gesamtschadenssumme für das erste Halbjahr bei etwa 52 Mrd. US-Dollar. Die versicherten Schäden betrugen 40 Mrd. US-Dollar.

Globale Temperaturen auf Allzeithoch

Von Januar bis Juni 2024 lag die globale Durchschnittstemperatur etwa 1,5°C über dem vorindustriellen Vergleichszeitraum. Die Wissenschaft betont zwar, dass ein einzelnes Jahr über 1,5°C noch kein Überschreiten der Pariser Klimaziele bedeutet. Allerdings zeigt der Temperaturtrend weiter nach oben. Nicht nur die mittleren Temperaturen waren an fast allen Orten weltweit im ersten Halbjahr überdurchschnittlich hoch, auch Hitzerekorde wurden weltweit gebrochen.

In weiten Teilen Saudi-Arabiens beispielsweise wurden Mitte Juni Temperaturen von mehr als 50°C gemessen, Neu-Delhi in Indien verzeichnete im Mai Rekordwerte von 49,9°C. Die US-Wetterbehörde NOAA geht derzeit davon aus, dass das Jahr 2024 zu den fünf wärmsten Jahren seit 1850 gehört und mit einer Wahrscheinlichkeit von 60 Prozent sogar das wärmste Jahr bisher wird.

Hitzewellen und Dürreperioden führen nicht nur zu einem Anstieg der Todesfälle durch Hitzschläge, sondern begünstigen auch Waldbrände. In Texas verbrannte der größte Waldbrand in der Geschichte des US-Bundestaats eine Fläche von mehr als 400.000 Hektar, das entspricht in etwa der Fläche der spanischen Insel Mallorca. Im Mai brachen im Westen Kanadas ungewöhnlich früh riesige Brände aus, tausende Menschen wurden evakuiert. Beide Brände verschonten dicht besiedelte Städte und Industriegebiete, wodurch extreme Schäden ausblieben.

Hohe Wassertemperaturen und La Niña könnten Hurrikan-Aktivität erhöhen

Im Nordatlantik gibt es weiterhin Indikatoren für eine heftige Hurrikan-Saison. Der Klimawandel spielt eine entscheidende Rolle dafür, dass die Wassertemperaturen besonders hoch sind, und damit auch besonders viel Energie für die Entstehung von Hurrikanen zur Verfügung steht. Aber auch der natürliche ENSO-Zyklus (El Niño / Southern Oscillation) beeinflusst die Eintrittswahrscheinlichkeit der Stürme.

Das vergangene Jahr war geprägt von El Niño-Bedingungen, was tendenziell die Entstehung von Hurrikanen dämpft. Trotzdem gab es 2023 mit 20 benamten Stürmen die viertaktivste Hurrikan-Saison bislang. In diesem Jahr bleibt der unterdrückende Effekt von El Niño aus. Zusätzlich sind die sehr hohen Wassertemperaturen im Nordatlantik förderlich für die Entstehung von Hurrikanen. Die Temperatur der Meeresoberfläche ist unverändert auf Rekordniveau und um 0,5°C bis 1,0°C über dem 30-jährigen Durchschnitt. Beide Faktoren zusammen könnten also Wirbelstürme im Nordatlantik begünstigen.

„Die sich ändernde Statistik der Wetterdaten sendet immer deutlichere Signale. Viele der zuletzt gesehenen Rekorde sind ohne den Klimawandel kaum erklärbar. Eine um ein Grad erwärmte Atmosphäre kann 7 Prozent mehr Feuchtigkeit aufnehmen – das bedeutet mehr Energie für Wetterextreme und schwere Niederschläge. Munich Re ist dank ihrer führenden Risikoexpertise in der Lage, Naturkatastrophenrisiken in großem Umfang zu decken. Die Basis für diese Expertise haben wir vor 50 Jahren gelegt, als wir den ersten Meteorologen einstellten”, kommentiert Ernst Rauch, Chef-Klimatologe von Munich Re.

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