Finanztip zieht bittere Bilanz der Riester-Rente

Zerknülltes Papier

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Für die vor 20 Jahren eingeführte Riester-Rente wurden bis Ende 2023 in Deutschland mehr als 20 Millionen Verträge abgeschlossen. Aber 4,6 Millionen davon, also knapp ein Viertel, existieren nicht mehr. Das geht aus aktuellen Zahlen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, des Bundesministeriums der Finanzen und der Deutschen Rentenversicherung hervor, die Finanztip exklusiv vorliegen.

Warum kündigen nicht immer die beste Option ist und wie Sparer trotzdem aus der Riester-Falle kommen können. „Die Kündigung eines Riester-Vertrags kommt Sparern teuer zu stehen. Zum einen müssen sie alle erhaltenen Zulagen und Steuervorteile zurückzahlen“, warnt Finanztip Altersvorsorge-Experte Martin Klotz. Im Schnitt der vergangenen drei Jahre seien das laut BMAS, BMF und DRV rund 1.900 Euro pro Vertrag gewesen. „Zum anderen behalten die Anbieter einen Teil des eingezahlten Geldes ohnehin, und zwar die Provisionen sowie die Verwaltungs- und Fondskosten.”

Millionen Riester-Verträge werden nicht mehr bespart

Um nicht zusätzlich Geld zu verlieren, sollten unzufriedene Sparer nicht kündigen, sondern ihren Vertrag stattdessen stilllegen. Von den insgesamt 15,5 Millionen noch bestehenden Riester-Verträgen2 soll nach BMAS-Schätzung auch bereits jeder vierte bis fünfte Vertrag ruhen. Das entspricht rund drei bis vier Millionen Verträgen. Nach Finanztip-Berechnungen könnte dieser Anteil allerdings bei bis zu fünf Millionen liegen.

„Mit Blick auf diese Zahlen ist die Riester-Rente nicht einfach nur gescheitert. Sie ist ein Desaster”, sagt Finanztip-Experte Klotz. Die staatlich geförderte private Altersvorsorge wurde als eine Möglichkeit geschaffen, die entstandene Lücke aus der parallel beschlossenen Rentenkürzung auszugleichen. „Nimmt man die gekündigten und die stillgelegten Verträge zusammen, erfüllen knapp die Hälfte aller abgeschlossenen Verträge diesen Zweck nicht.”

Anbieter erhalten Milliarden-Subventionen

Sicher profitiert haben von der Riester-Idee vor allem die Anbieter: Nach Finanztip-Berechnungen sind bis Ende 2022 knapp 1,8 Milliarden Euro aus der Staatskasse direkt an Versicherungsunternehmen und Fonds-Gesellschaften geflossen3. „Die Anbieter durften Kosten und Provisionen sogar auf die staatlichen Zulagen berechnen. So wurde das Modell Riester-Rente zum Goldesel der Versicherer und Fondsgesellschaften“, so Klotz.

Riester-Bruttorenten gering

Laut BMAS bekamen 2022 rund eine Million Riester-Sparer Auszahlungen aus ihren Verträgen4, davon erhielten rund 80 Prozent eine lebenslange Altersrente. Die Auszahlungsbeträge sind allerdings gering. In knapp drei Viertel der Fälle lag die monatliche Rente bei weniger als 100 Euro brutto. Nur rund 10 Prozent der Riester-Sparer, die 2022 in die Auszahlphase gewechselt sind, haben sich einen Teil des Kapitals zu Rentenbeginn auf einen Schlag auszahlen lassen. „Dabei ist genau das die beste Option, möglichst früh viel vom eingezahlten Geld zurückzubekommen“, erklärt Finanztip-Experte Martin Klotz.

Nicht vorschnell kündigen

Trotzdem wird von vorschnellen Kündigungen abgeraten. Deutschlands führender Geldratgeber empfiehlt stattdessen, die Verträge sorgfältig zu prüfen. „Gerade alte Riester-Verträge mit relativ guten Konditionen sollten Verbraucher weiter besparen“, sagt Klotz: „Und bei schlechten Verträgen rechnet es sich eher, sie stillzulegen anstatt sie zu kündigen. Dann bleibt zumindest die staatliche Förderung erhalten, die Sparer sonst zurückzahlen müssten.“ Außerdem müssen die Anbieter für die Rente mindestens den Betrag zur Verfügung stellen, den die Kunden selbst eingezahlt haben – plus die staatlichen Zulagen.

Neue Riester-Verträge empfiehlt Finanztip nur für eine kleine Gruppe von Menschen. Zum Beispiel geringverdienende Eltern mit mehreren Kindern, die stark von den Zulagen profitieren. Allen anderen, die noch mindestens 10 bis 15 Jahre bis zur Rente Zeit haben, sollten lieber kostengünstig mit einem Sparplan in einen weltweiten Aktienindexfonds (ETF) zu investieren.

Hoffnung auf die Reform

Wer seinen Riester-Vertrag stillgelegt hat, dem könnte die von der Bundesregierung für 2025 geplante Reform der privaten Altersvorsorge Hoffnung geben. Das Riestern soll einfacher und profitabler werden. Darüber hinaus ist die Einführung eines neuen Altersvorsorge-Depots geplant. Finanztip-Experte Martin Klotz fordert: „Das neue Depot-Modell muss deutlich weniger kosten und auch für bisherige Riester-Sparer zugänglich sein. Das heißt, dass sie ihr angelegtes Geld kostengünstig und vor allem ohne explizite Zustimmung der bisherigen Anbieter auf das Altersvorsorge-Depot übertragen können. Denn so hätten sie noch eine Chance, ihr Geld aus der Riester-Falle herauszuholen.”

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