Überschuldung: Gesundheitliche Probleme überholen Arbeitslosigkeit als Hauptgrund

Gesundheitliche Probleme wie Sucht und Krankheit sind seit 2013 erstmals häufigste Ursache für Überschuldung. In fast jedem fünften Beratungsfall führte dies zur Zahlungsunfähigkeit - noch vor Jobverlust mit 17,5 Prozent (2020: 24 Prozent). Scheidung und Trennung verursachen bei rund 10,2 Prozent Geldnot. Diese unvorhersehbaren Ereignisse bedingen zusammen mit fehlenden Rücklagen gut 40 Prozent der Überschuldungsfälle, die selbst durch soziale Sicherungssysteme wie Grundsicherung oder Krankengeld nicht gedeckt werden können. Das zeigt der

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iff-Überschuldungsreport 2024, den das Institut für Finanzdienstleistungen e.V.

(iff) jährlich herausgibt und von "Deutschland im Plus - die Stiftung für private Überschuldungsprävention" gefördert wird. Die aktuelle Auswertung basiert auf den Daten von 194.435 Haushalten, bei denen die Schuldnerberatung zwischen 2008 und 2023 begann. Neben Schicksalsschlägen wie Krankheit, Trennung oder Arbeitslosigkeit erhöhen auch herausfordernde Lebenssituationen - an denen die Betroffenen so schnell nichts ändern können - das Risiko einer Überschuldung. Allen voran Einkommensarmut (10,54 Prozent) und eine gescheiterte Selbstständigkeit (8,5 Prozent). Nur das Konsumverhalten mit 8,3 Prozent gehört zu den Ursachen, die vermeidbar wären. Alle sechs Gründe zusammen verursachen in mehr als zwei Drittel der Beratungsfälle eine Überschuldung. "Der aktuelle Überschuldungsreport verdeutlicht die wachsende Bedeutung externer und kaum beeinflussbarer Faktoren im Überschuldungsprozess: Zwar bleibt Arbeitslosigkeit ein Hauptgrund für Überschuldung, doch gesundheitsbedingte Ursachen wie Sucht und Krankheit sind mittlerweile noch häufiger", erklärt Philipp Blomeyer, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Deutschland im Plus. "Unser Ziel in der Präventionsarbeit ist es, junge Menschen in Finanzkompetenz zu stärken, sie über Überschuldung aufzuklären und auf die verschiedenen Bedürfnisse unserer Zielgruppen einzugehen. Zudem informieren wir über Unterstützungsmöglichkeiten für Menschen in finanzieller Not."

Für Alleinerziehende besteht ein erhöhtes Überschuldungsrisiko

Trotz sinkender Inflationsraten bleibt die finanzielle Belastung für viele Haushalte hoch. Besonders stark betroffen sind Geringverdienende, die einen überdurchschnittlich hohen Anteil ihres Einkommens für Miete aufwenden müssen. Die untersuchten Haushalte geben in der Regel 45 Prozent ihres Haushaltseinkommens für Wohnkosten aus, während dieser Anteil in der Gesamtbevölkerung nur bei 25 Prozent liegt. Der hohe Mietanteil erschwert es den Geringverdienende, Rücklagen zu bilden und liquide zu bleiben. Im iff-Report wird deutlich, dass Personen mit niedrigem oder keinem Schulabschluss und mit geringem Einkommen überrepräsentiert sind. Rund ein Drittel der Ratsuchenden ist zwischen 30 und 44 Jahre alt. Paarhaushalte mit Kindern suchen mit rund 53 Prozent deutlich häufiger das Gespräch als kinderlose Paare mit 32,53 Prozent. "Auch für Alleinstehende und Alleinerziehende besteht laut unserer Analyse ein erhöhtes Überschuldungsrisiko. Auf ihre hohe Betroffenheit weisen wir seit Jahren hin", sagt Dr. Sally Peters, Geschäftsführende Direktorin des Instituts für Finanzdienstleistungen Hamburg e.V. "Daher ist es wichtig, diesen Haushalten gezielt Unterstützung zu bieten, um sie vor schwerwiegenden Auswirkungen finanzieller Probleme zu schützen."

Steigender Anteil an Schulden bei der öffentlichen Hand

81,7 Prozent der Erwachsenen nutzen ein Kreditprodukt. Insbesondere Ratenkredite spielen eine große Rolle bei der Überschuldung in Deutschland. Fast jeder fünfte Ratsuchende hat eine Forderung, die aus solchen Abzahlungskrediten resultiert. Die typische Forderungshöhe bei Ratenkrediten beträgt 6.609 Euro. Kreditprodukte wie Peer-to-Peer (P2P) und "Buy Now Pay Later" (BNPL) sowie Kauf auf Rechnung tragen zusätzlich zu den Überschuldungsrisiken bei. Besonders auffällig ist der starke Anstieg an Kleinkrediten, die weniger als 1.000 Euro betragen. Der Anteil diese Darlehensart an den Gesamtkrediten verzeichnete Ende 2022 einen Zuwachs in Höhe von 46,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr. "Die bisherigen Verbraucherkreditrichtlinien bieten im digitalen Umfeld nicht genügend Schutz. Wir hoffen, dass die bis Ende 2025 in Kraft tretende neue Richtlinie wirksamer verhindert, dass Menschen in finanzielle Schwierigkeiten geraten", sagt Dr. Peters. Die Betroffenen schulden ihr Geld verschiedenen Gläubigern. Die häufigsten Forderungsarten sind Schulden bei der öffentlichen Hand (17,29 Prozent), bei Gewerbetreibenden, Telekommunikationsunternehmen und in Form von Rahmenkrediten. Besorgniserregend ist laut iff-Report der steigende Anteil an Schulden bei der öffentlichen Hand, der etwa Rückforderungen von Sozialleistungen, Steuerforderungen und Geldstrafen umfasst.

Mehrheit der Ratsuchenden hat weniger als 40.000 Euro Schulden

Die mittlere Schuldenhöhe derjenigen, die 2023 eine Schuldnerberatung in Anspruch genommen haben, lag bei 16.547 Euro. Insgesamt haben 34,61 Prozent der Ratsuchenden bei Zahlungsunfähigkeit weniger als 10.000 Euro Schulden. Bei 42,39 Prozent der Beratungsfälle belaufen sich die Forderungen offener Rechnungen zwischen 10.000 und 40.000 Euro. Und 22,99 Prozent belasten Forderungen von mehr als 40.000 Euro. Während der Anteil der Personen, die sich zu ihrer Schuldensituation beraten lässt, auf den bisher höchsten Stand von 22,31 Prozent gestiegen ist, gelingt nur in 9,04 Prozent der Fälle eine Teil- oder Gesamtsanierung der Haushaltssituation im Rahmen des Beratungsprozesses.

Unterstützung und Prävention für gefährdete Gruppen

"Es war noch nie so wichtig wie heute, Menschen in finanzieller Not niedrigschwellige Unterstützung anzubieten", erklärt Philipp Blomeyer, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Deutschland im Plus. Um die Hemmschwelle zur Inanspruchnahme von Schuldnerberatung zu senken, bietet die Stiftung Deutschland im Plus ein leicht zugängliches Angebot an: eine kostenfreie und anonyme telefonische Erstberatung für Menschen in finanziellen Schwierigkeiten. Die Telefonnummer für die Beratungshotline lautet 0800/5035851 und ist Montag bis Freitag 10 - 13 Uhr und Dienstag und Donnerstag 15 - 18 Uhr erreichbar. Zudem ist das Angebot hier online verfügbar und der vollständige Bericht kann hier abgerufen werden.

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