Abschreiben erlaubt: Wachstumschancengesetz bringt degressive Methode zurück

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Pandemie, Ukraine-Krieg, steigende Energie- und Rohstoffpreise – in den letzten Jahren musste die nationale Wirtschaft einige Schläge einstecken. Zusätzlich drückt der Rekordpreis für Industriestrom nicht nur auf die Stimmung, sondern vor allem auch aufs Portemonnaie. Denn im Gegensatz zu vergleichbaren Staaten fallen in Deutschland auch für gewerbliche Kunden mit großem Energiebedarf relativ hohe Steuern auf Strom an, was Preise explodieren lässt. All das zusammengenommen resultiert aktuell in Umsatzeinbrüchen, unzufriedenen Unternehmen und einer drohenden Abwanderungswelle ins Ausland.

Um der hiesigen Wirtschaft wieder zum Aufschwung zu verhelfen und den Standort Deutschland im internationalen Wettbewerb zu stärken, wurde das Wachstumschancengesetz (WCG) verabschiedet. Insbesondere durch die zeitlich begrenzte Wiedereinführung der degressiven Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens sollen Firmen schnelle Liquiditätsgewinne einfahren und Anreize für Investitionen bekommen.

Steuerjargon leicht gemacht

Oft werden die Begriffe Abschreibung und Absetzung (für Abnutzung, kurz AfA) im Alltag deckungsgleich verwendet, sie haben streng genommen jedoch unterschiedliche Bedeutungen. Hier muss zwischen handelsrechtlichen und steuerrechtlichen Begrifflichkeiten unterschieden werden. Allgemein bezieht sich im Rechnungswesen die Abschreibung auf die Verteilung des Wertverlusts für ein Wirtschaftsgut über seine voraussichtliche Nutzungsdauer. Im Regelfall ist von einem linearen Wertverlust auszugehen. Das Handelsrecht spricht dabei von einer planmäßigen Abschreibung, das Steuerrecht hingegen von einer Absetzung für Abnutzung.

Prof. Dr. Christoph Juhn, Professor für Steuerrecht, Steuerberater, Master of Laws, JUHN Partner GmbH

Zur Berechnung des periodischen Abschreibungsbetrags stellt das Bundesministerium der Finanzen entsprechende AfA-Tabellen bereit, die nach allgemeinen und branchenspezifischen Gütern gegliedert sind und die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer verschiedener Güter in Jahren angeben. Zudem besteht im Handelsrecht die Möglichkeit zu einer außerplanmäßigen Abschreibung des Anlagevermögens, der im Steuerrecht die Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung entspricht. Dies ist der Fall, wenn ein Wirtschaftsgut vor dem Ende seiner Nutzungsdauer einen überdurchschnittlichen Wertverlust erleidet, etwa durch außergewöhnlich hohe Beanspruchung oder Beschädigung, aber auch durch jedwede Form von Verlust.

Bei Betrachtung des Umlaufvermögens hingegen spricht das Handelsrecht von einer außerplanmäßigen Abschreibung, während dies im Steuerrecht zu einer Teilwertabschreibung führt. Darüber hinaus kennt das Steuerrecht noch weitere Abschreibungsformen, die keine Entsprechung im Handelsrecht haben. Dazu zählt die Abschreibung von Sammelposten nach pauschalen Vorgaben sowie gegebenenfalls Sonderformen von Abschreibungsmöglichkeiten, die der Gesetzgeber aus fiskalpolitischen Gründen gewährt, etwa erhöhte Abschreibungen und Sonderabschreibungen. Letztere dienen oft Lenkungszwecken, die auf die Wirtschaft in Deutschland positiven Einfluss ausüben sollen.

Im Übrigen kann auch eine Werterhöhung eines Wirtschaftsguts bilanzielle Berücksichtigung finden. In diesem Fall kommt es zu einer Zuschreibung statt zu einer Abschreibung. Dies ist etwa der Fall, wenn der derzeitige Gegenwert in der Bilanz geringer ist als der tatsächliche, etwa bei Devisen, Immobilien oder einem Oldtimer.

Abschreibung reloaded

Für Investitionen ins Betriebsvermögen stehen Unternehmen verschiedene Methoden der steuerlichen Abschreibung zur Auswahl. Standardmäßig kommt die lineare AfA zum Tragen, bei der Anschaffungs- oder Herstellungskosten gleichmäßig über den üblicherweise für einen Gegenstand annehmbaren Nutzungszeitraum verteilt werden. Hier bleibt der jährliche Abschreibungsbetrag immer gleich, wodurch sich die Berechnung besonders einfach gestaltet. Dies wiederum erleichtert nicht nur die finanzielle Planung und Buchhaltung, sondern stellt auch den Wertverlust der Anlagegüter realistisch dar.

Mit Inkrafttreten des WCGs steht Unternehmen nun auch die Option offen, bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die zwischen dem 1. April und dem 31. Dezember 2024 angeschafft oder hergestellt werden, degressiv abzuschreiben. Im Gegensatz zur linearen AfA richtet sich die degressive Methode nur im ersten Jahr nach dem Anschaffungs- oder Herstellungswert. Danach berechnet sie sich anhand des Restwerts, also der Anschaffungskosten minus bisher getätigter Abschreibungen. Es gilt der zweifache lineare Abschreibungssatz, allerdings gedeckelt auf maximal 20 Prozent. Der Wechsel zur linearen Methode bleibt jederzeit möglich, lohnt sich aber erst dann wirklich, wenn der Abschreibungswert dabei gleich hoch ist wie der degressive oder höher liegt als dieser. Im letzten Jahr der Nutzungsdauer ist die Rückkehr zur linearen AfA zwecks vollständiger Abschreibung jedoch verbindlich. Umgekehrt ist kein Wechsel von der linearen AfA zur degressiven Berechnungsmethode erlaubt.

Höher, schneller, kürzer?

Ein Unternehmen investiert 100.000 Euro in eine neue Maschine, deren Nutzungsdauer sich auf zehn Jahre beläuft. Mit der linearen Methode beträgt die jährliche Abschreibung 10.000 Euro, degressiv ergibt sich jedoch ein Satz von 20 Prozent und damit eine Abschreibungssumme von 20.000 Euro im ersten Jahr. Nach vier Jahren sollte das Unternehmen zur Maximierung der Steuerersparnis zur linearen AfA wechseln, da im fünften Jahr degressiv nur noch 8.192 Euro abgeschrieben werden können.

Steuern sparen im Turbogang

Zur möglichst schnellen Abschreibung von beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens empfiehlt es sich, die degressive AfA mit weiteren Abschreibungsoptionen zu kombinieren – vornehmlich Investitionsabzugsbetrag (IAB) und Sonderabschreibung. Ersterer erlaubt es Unternehmen, 50 Prozent der geplanten Anschaffungskosten (maximal 200.000 Euro) schon bis zu drei Jahre im Voraus abzuschreiben, um dadurch mehr Liquidität für Investitionen freizusetzen.

Sowohl Gewerbetreibende als auch Freiberufler sowie Land- und Forstwirte können den IAB nutzen, solange ihr Unternehmensgewinn im Jahr der Inanspruchnahme 200.000 Euro nicht übersteigt und das Wirtschaftsgut zu mindestens 90 Prozent betrieblich genutzt wird.

Bei der Sonderabschreibung, die durch das WCG von 20 auf 40 Prozent steigt, sehen die Vorgaben ähnlich aus: Auch hier darf der Unternehmensgewinn im Vorjahr 200.000 Euro nicht überschreiten und die private Nutzung nicht mehr als 10 Prozent ausmachen. Unternehmen haben die Möglichkeit, die gesamte Sonderabschreibung bereits im Jahr der Anschaffung geltend zu machen oder sie in beliebiger Gewichtung auf das Jahr der Anschaffung und die vier Folgejahre zu verteilen. So sorgt das WCG nicht nur durch die Wiedereinführung der degressiven AfA für einen schnelleren Liquiditätszufluss, sondern gestaltet den Abschreibungsprozess generell effizienter.

Zum Autor: Prof. Dr. Christoph Juhn ist Professor für Steuerrecht, Steuerberater und besitzt einen Master of Laws. Seine Schwerpunkte in der Gestaltungsberatung liegen auf Umwandlungen und Umstrukturierungen, Unternehmen- und Konzernsteuerrecht, internationalem Steuerrecht, Unternehmenstransaktionen (M&A), Beratung für Berater sowie der laufenden Steuerberatung. Nachdem er 2011 seinen LL.M. an der Universität zu Köln erwarb, wurde er 2013 zum Steuerberater bestellt. Im Jahr 2020 promovierte er zum Dr. jur. im internationalen Unternehmen- & Umwandlungssteuerrecht und wurde noch im selben Jahr zum Professor für Steuerrecht an der FOM Hochschule Bonn berufen. Parallel dazu gründete er – nach Anstellungen in zwei Steuerberatungsgesellschaften – im Jahr 2015 die JUHN Partner GmbH und 2017 die JUHN BESAU GmbH. Unter @juhnsteuerberater betreibt der Steuerprofi einen erfolgreichen YouTube-Kanal.

Christoph Juhn

Christoph Juhn studierte in Köln Steuerrecht und Unternehmensteuerrecht. Nach seiner Bestellung zum Steuerberater hat er sich auf die Gestaltungsberatung im Unternehmensteuerrecht spezialisiert und berät überwiegend bei nationalen und internationalen Besteuerungsfragen von Personen- und Kapitalgesellschaften sowie bei Unternehmensnachfolgen, Umwandlungen und Unternehmenstransaktionen. Er wurde an der Universität zu Köln promoviert.

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